Gestern las ich mal wieder in den Kommentarspalten bei Facebook diese Aufreger: „Die Bio-Bauern wollen doch auch nur Profit machen.“
Immer dieses Wort – Profit. Ja, jeder Landwirt braucht Gewinne, um davon leben zu können. Es ist schließlich ein Beruf und kein Hobby. Der Unterschied ist aber, ob er von 10 Weide-Schweinen leben kann, die ein vernünftiges Leben hatten oder von 100 Massenzuchttieren, die unter schlechten Bedingungen im Industriestall ihr kurzes Dasein fristen. Und das entscheiden einzig und allein wir Verbraucher.

Ich bekenne mich dazu, ein Fleischesser zu sein. Trotzdem – oder gerade deshalb – ist es mir wichtig zu wissen, welches Tier bei mir auf den Grill und auf den Teller kommt. Es ist ein logischer Zusammenhang, dass es nicht funktioniert, Fleisch von einem möglichst artgerecht lebenden Tier für einsfuffzich zu handeln. Unter artgerechter Haltung fasse ich für mich zusammen: Wild vom Jäger, Gatterwild und Tiere aus Weidehaltung (idealerweise mit Kugelschuss auf der Weide erlegt).

Noch so ein Aufreger: „Für Wildfleisch sind die Preise echt unverschämt.“
Überlegen wir mal am Beispiel eines Rehs: Ein Jäger sitzt durchschnittlich ein halbes Dutzend Abende vergeblich auf seinem Ansitz, bevor er einmal zum Schuss kommt. Dann muss er das Tier noch aus dem Wald transportieren, fachgerecht aufbrechen und in die Kühlkammer bringen. Kauft man ein solches Reh direkt aus der Kammer, zahlt man regional unterschiedlich zwischen 5–7 €/kg. Für ein Reh von 12 kg sind das dann rund 70 €. Stundenlohn für den Jäger: Lächerlich.
Wer das Wild nicht selbst aus der Decke schlagen, zerlegen und portionieren will, muss diese Arbeit natürlich mitbezahlen, wenn er den fertig parierten und vakuumierten Braten kauft. Ich mache sowas öfter (und wir geben vom Wild Kitchen Project aus auch Kurse dazu) und kann aus meiner Erfahrung sagen, dass ich für die Komplettzerlegung eines Rehs nochmal ca. 2-3 h brauche. Und damit bin ich durchaus nicht langsam.
Von den 12 kg, die das Reh in der Decke gewogen hat, bleiben am Ende etwa 5-6 kg Rücken, Bratenstücke, Gulasch und Hackfleisch übrig.
Mit Preisen zwischen 16 € (Hack) bis 40 € (Rücken) pro Kilogramm ist das sicher alles andere als überbezahlt.

So, und woher nehmen, fragt sich mancher jetzt? Wer in einer ländlichen Gegend lebt, oder von der Stadt aus mal 10 km über die Stadtgrenze fährt, findet dort entweder einen Jäger seines Vertrauens oder das regionale Forstamt. Dort kann man Wild als ganze Stücke in der Decke kaufen. Das ist die kostengünstigste, aber auch die arbeitsintensivste Methode. Vorteil: Man weiß von jedem einzelnen Stück Fleisch in der Kühltruhe, wo es herkommt  – und „wo es mal am Tier befestigt war“, wie mein Mann scherzhaft sagt.

Wer nicht selbst zerlegen kann (oder will), sollte sich beim Metzger des Vertrauens erkundigen. Manche Metzger bieten auch Wild an (allerdings schreibt die Hygiene für die Wildzerlegung separate Räume vor, die nicht mit dem Schweine- und Rindfleisch in Berührung kommen) und können vor allem Bezugsquellen für Weidefleisch sein oder die entsprechenden Landwirte und Direktvermarkter benennen. Für Onlinekunden bietet sich seit neuestem auch die Möglichkeit, Wild- und Weidefleisch fertig portioniert und vakuumiert per Versand zu bestellen. Mit den modernen Verpackungen und Kühlakkus schaffen die Anbieter es, das Fleisch ohne Unterbrechung der Kühlkette bis zum Verbraucher zu schicken. Ein Beispiel für solch einen Shop ist der „Wilde Heinrich“, der frisches Wild und Weidefleisch aus der Region Ostwestfalen-Lippe im Angebot hat (www.wilderheinrich.de)

Text: Jana, UGAH DOpf Team